Wednesday, December 31, 2008

April - Der Herr der Ringe in Las Vegas, San Francisco, LA und New York

April war unser Reisemonat - auch wenn wir natürlich nicht den ganzen Monat unterwegs waren. Anfang April flog ich voraus nach Las Vegas, einer unserer grossen Kongresse im Jahr findet dort statt. Früh um 8 am Flughafen, ordnungsgemäss einchecken (kurze Schwitzattacke: ist mein Reisepass eingentlich gültig? Ich hatte mir extra einen machen lassen, bevor die mit ihrer Humangenetik anfingen aber wer weiss...?), alles ging gut. Nur bei der Routinefrage "haben Sie ihr Gepäck alleine gemacht?" dacht' ich mir, dass da wohl bestimmt 90% der Geschäftsreisenden eine satte Lüge abgeben weil Gepäck ja doch zumeist von der Ehefrau gemacht wird. Wie wird man seinen Mann los? Man schmuggelt ihm was ins Gepäck.
Jedenfalls kam ich wiederum in den Genuss der Business Class, die Reisebestimmungen bei FT sind wirklich luxuriös, wenn auch dieses mal Air France. Champagner gab's erst im Flieger, wobei Champus früh um 8 dann sogar mir zuviel war. Zwischenlandung in Atlanta. Da war dann erstmal ein Bier fällig. Irgendwie ist man ja auch immer wie gerädert vom Nichtstun. Weiterflug nach Vegas. Allein der Flughafen ist ja schon eine Show, mit Slotmaschinen und allem was man sich für Las Vegas eben vorstellt. Sogar Blumensträusse-Automaten. Zum totlachen. Mein Chefchen klingelte an, sobald ich mein Telefon anhatte, hat mir grosszügigerweise den Nachmittag frei gegeben, er habe ausserdem am Abend schon etwas vor also solle ich mir einen Schönen selbigen machen. 
Hotelzimmer gross und auf 18° runterklimatisiert, Fenster kann 
man natürlich auch nicht öffnen - wer braucht denn auch Frischluft? Ergebnis war eine ständig vertrocknete und leicht verschnupfte Nase die einem das Gefühl gab, eine ernste Grippe eingefangen zu haben. Bei 18° auch kein Wunder...
Also erste Erkundungstour (man soll ja sofort die lokalen Zeiten annehmen) auf dem "Strip": verlottertes Disney würde ich sagen. Gegenüber eine weitere Baustelle, die ein weiteres Hotel aus dem Wüstenboden stampfen wird. Daneben das Bellaggio, Kitsch pur. 
Ein paar Hundert Meter neben uns das Paris Hotel, noch mehr Kitsch. Viel beeindruckender als die Bauten selber ist die schiere Ansammlung von Kitsch und Geschmacklosigkeiten. Und die Anzahl der Kartenverteiler. Latinos und Schwarze, die kleine Kärtchen mit Nummern von Prostituierten und Stripperinnen an den Mann - und gerne auch an die Frau - bringen. Zurück ins Hotel, die Wedding Chapell bewundert (da muss man aber tatsächlich einiges im Kegel haben um das zu wollen...) und auf Cheffchen gestossen, der mit seiner Freundin von unserer PR-Agentur unterwegs war. Sichtlich geniert, mich in ihrer Begleitung getroffen zu haben. Soviel zu souveränem Auftreten. Nachts natürlich irre früh fit gewesen. Erstmal obligatorischen Anruf in Frankreich getätigt, wie denn die Hochzeit gewesen sei. Schön, und Steph hätte Ringgrösse 49. Was hätte ich eigentlich für eine Ringgrösse? Keine Ahnung, bisher hatte ich die Dinger immer einfach anprobiert und wenn's passte war gut, wenn nicht dann eben nicht. Offensichtlich war er mit der Antwort alles andere als zufrieden. 
Um 7 raus, Kaffee (Starbucks Venti Vanilla Latte, man passt sich ja an) und Umgebung erkunden. Ich glaube, die dachten alle ich ginge erst heim. Bei Tageslicht weniger beeindruckend, dafür auch ein bisschen weniger Ramsch. Generell wirken die Gebäude und Hotels, die man ja von Bildern oder aus dem Fernsehen kennt, viel kleiner als ich es mir vorgestellt habe. Ein Trugschluss: alle haben ihre eigene Shopping Mall integriert.





Im Rahmen unserer Kongress-Aktivitäten hatten wir auch eine Kundenparty in der Ghost Bar, auf dem Dach des Palms Hotel. Sehr nette Location, wahnsinns-Blick über Las Vegas, das sehr viel grösser und sehr viel flacher ist als man sich das als Strip-Bewohner vorstellt. Die Feier selber war ein ordentlicher Reinfall und ich durfte mir den inzwischen ja schon legendären Klassiker meines Cheffchens anhören (leicht lallend, mit bis zum Brustbein aufgeknöpftem Hemd): "Do whatever you want tonight but be sure to be at the booth tomorrow at 9". Dass der Kongress um 9 öffnet und man ergo weit früher da sein muss um den Stand besucherfit zu machen konnte er wohl so auch nicht wissen, immerhin kam er selten vor 10. 

Am Tag vor Ende kam dann die bessere Hälfte aus Paris angeflogen. Zur Feier des Tages bin ich früher vom Kongress abgehauen, um mir ganz amerikanisch die Nägel machen zu lassen. Es gibt nichts besseres nach einem anstrengenden Kongresstag, als eine Pediküre - wenn nur die Tussi, meine hiess Jacky, nicht so unfassbar gesprächig wäre. Ich durfte also erfahren, dass sie vor kurzem noch Todkrank war. Irgendein Krebs. Vom Krebs schwenkte sie dann ziemlich abrubt auf ihre Zeit im Cesar's Palace um, während der sie die Hände und Füsse von Celine Dion und René gemacht hat. Ich glauben meine haben da kurz reflexartig gezuckt. Ich bin mir auch heute nicht mehr sicher, welche Information ich eigentlich weniger wollte.
Abends fein Sushi gegessen, sündhaft teuer aber nicht mit dem Frass zu vergleichen, den man hier so vorgesetzt bekommt. Am darauf folgenden Abend eine Tour durch Vegas gemacht. In 
der Shopping Mall des Cesars Palace ein Cartier-Laden. "Lass uns da doch mal reingehen" - 
"Wie meinen? Und warum bitte?" Wie auch immer, als Frau lässt man sich ja nicht lumpen, wenn man sich auch in den schlodderigen Jeans mit ungewaschenen Haaren mal so richtig fehl am Platz fühlt. Welche Ringgrösse ich den hätte, fragte die Tussi. Da ging dann doch mal ein Lichtchen auf. Nur hatte ich natürlich immernoch keine Ahnung, welche Ringgrösse denn nun die richtige sei. Und dazu hatte ich auch noch seit meiner Ankunft geschwollene Finger. Anscheinend ist es so, dass ich Klimaanlagen nicht nur nicht mag, sondern auch nicht sonderlich gut vertrage. Jedenfalls fanden wir einen Ring, der passte, der aber mit Sicherheit zurück in Paris nicht mehr gepasst hätte. Also wieder raus. 
Draussen dann ein unerwarteter Wutaubruch meiner besseren Hälfte: "Blöde Scheisse, das kann ja wohl nicht wahr sein! Erst bekommt Marc nichts gebacken und dann hat sie geschwollene Finger..." 
Was Marc damit zu tun hatte leuchtete mir natürlich nicht so wirklich ein, aber ich sollte später erfahren, dass Marcs Tante bei Cartier arbeitet und ergo Rabatte bekommt. Da Marc aber nicht in die Pötte kam und der Dollar gerade so weit unten war, lohnte es sich, das Teilchen einfach in den USA zu kaufen, was er auch vorhatte nur dass da eben meine geschwollenen Finger im Weg standen, sozusagen. Da wir noch zwei Wochen USA vor uns hatten, hat er sich dann aber gottseidank recht schnell wieder beruhigt und wir sind weiter durch Disneyworld für Erwachsene gezogen.

San Francisco
Am darauf folgenden sehr frühen Morgen zogen wir weiter nach San Francisco, genauer gesagt nach San Jose. Inlandsflüge in den USA sind spottbillig (unsere drei Inlandsflüge haben uns so viel 
gekostet wie ein Ticket von Paris nach Nimes), aber die Flugzeuge wie das Personal haben dafür auch schon sehr viel bessere Zeiten erlebt. 
Vor Ort der pure Luxus: Andrea hat uns nicht nur ihre Wohnung zur Verfügung gestellt, eine kalte Flasche Weisswein im Kühlschrank für uns gehabt, sondern uns auch ihr Auto, einen 3er BMW Cabrio, überlassen. Abends Lagebesprechung: die Stadtkarten von SF waren besorgt, die Routen eingezeichnet. Wir mussten nur noch losfahren. 
Die Aufteilung war schnell erledigt: ich Pilot, Schatzi Copilot. Die grosse Freiheit wartete.
Nach dem obligatorischem Frühstück im Starbucks um die Ecke dann auf den Highway. San 
Francisco selber hat uns mit seinem Charme sofort gefangen genommen. Entgegen gängiger Klisches ist es allerdings im April leider reichlich kalt sobald man die direkte Sonnenbestrahlung verlässt. Alcatraz konnten wir leider nicht besichtigen, da man die Tickets 3 Monate im Voraus kaufen muss, was einem natürlich kein Reiseführer vorher sagt - als Jungfrau hatte ich uns selbstverständlich mit der gebotenen Letüre versorgt. 
Stattdessen die Frage, wie denn die Golden Gate Bridge am besten zu überqueren sei. Angesichts der steifen Brise entschieden wir uns gegen die angebotenen Fahrräder und für das Cabrio. Das Dach liessen wir vor der Brücke runter - und waren froh, es danach gleich wieder zu machen zu können. 
Ansonsten: Chinatown gefiel mir sehr gut, Jerome schlenderte etwas beunruhigt durch das Viertel mit den vielen Regenbogen-Flaggen, beide waren wir froh, uns von den berühmten Cable Cars chauffieren lassen zu können wenn uns die Lauferei zuviel (oder zu kalt) wurde. 
Als der erste Tag zur Neige ging, machten wir auf dem Heimweg einen Schlenker durch Stanford. Heiliger!! Ein Campus so gross wie Nürnberg, mit Shopping Mall (eh klar). Selbige bedient 
allerdings scheinbar keine "klassischen" Studentenbedürfnisse - 
also Billigbier und Dosenravioli - sondern die Ansprüche der etwas gehobeneren Art: Burberry Jacken und... Cartier-Schmuck. Wir entschieden uns für Kontrastprogramm: eine mexikanische Pinte, in der auch die lokalen Sherriffs ein und ausgingen, von Andrea und Georgi ausgesucht. Herrlich!! Das erste mal seit bestimmt 15 Jahren ordentliche Tacos gegessen. Am nächsten Tag fuhren wieder zurück nach Stanford. Nachdem wir die obligatorischen Uni-Shirts für Gott und die Welt im hauseigenen Shop erstanden hatten, klopften wir natürlich auch wieder einmal bei 
Cartier an. Der besagte Ring war da, die Finger auch etwas weniger geschwollen aber plötzlich wurde uns klar, dass der ausgeschriebene Preis OHNE Taxes war. Also wieder raus, nachrechnen. Dann erstmal zurück nach SF. Dieses mal schlendern ohne Ziel, einen Burger im Financial Distrikt futtern, die Painted Ladies besuchen (und natürlich fotografieren) und bei 
einem Kaffee (Starbucks, wiedermal) Immobilienanzeigen studieren. Sieht auch nicht besser als in Paris aus, der Traum vom Penthouse oder Loft wird sich also in absehbarer Zeit für uns nur in Fürth finanziell realisieren lassen. Abends hatten wir dann die Gelegenheit, den uramerikanischen (Alb)Traum des Wohnen live zu erleben: Wisteria Lane. Die Eltern meiner ehemaligen Kollegin (une ehemaligen Schulkameriadin und ehemaligen Klassenfeindin...) wohnen in einem solchen Komplex aus Holzhäuschen. Kostet anscheinend unglaublich viel Kohle auch wenn es für deutsche Standards ja irgendwie "nur" eine Art Reihenhaussiedlung ist. 
In den USA ist es aber das non plus ultra des Wohnens und wer's sich leisten kann wohnt eben in der Reihenhaussiedlung. Wir haben geschätzte 12 Flaschen Wein geleert, 10 davon fielen wohl alleine auf Andrea und mich. Fast wie in den guten alten Zeiten.

Los Angeles
Von da aus ein weiterer Klapperflug nach LA. Unterkunft im Guest House der UCLA, von Judy organisiert. Erster Tag: der Versuch mit dem Bus nach Santa Monica Beach zu fahren. Scheiterte kläglich. Derart kläglich, dass wir den nächstbesten Rent-A-Car ansteuerten, und uns eine Karre für den Rest unseres Aufenthaltes mieteten. Das Risiko, uns selber den Urlaub durch unsere Unfähigkeit, Buspläne zu lesen zu verderben, wollten wir dann doch nicht eingehen. Ab dann lief alles prima. Wie gehabt ich als Pilot, Jerome als Copilot, das Schachbrettmuster in dem LA wie die meisten amerikanischen Städte angelegt ist erleichterte uns die Orientierung. Santa Monica Beach war saukalt. Die Füsse hab ich für's Foto ins Meer, mehr wäre aber auch nicht drin gewesen. Vögel überall, man fühlte sich fast wie im Hitchcock-Film. Und viele Penner, die auf Parkbänken ihre gefiederten Freunde fütterten. 
Weiterfahrt nach Venice Beach. Da kam dann fast der Hippie in mir raus, sozusagen. Jedenfalls gefiel mir Venice Beach weit besser als Santa Monica Beach. Die ganzen Freaks, die dort herumlungern machen den Strandabschnitt zu ihrer Bühne - und lassen sich dafür auch bezahlen. Foto gegen Kohle, zumindest bei den meisten. Ein weiterer Tag verging damit, die üblichen Sehenswürdigkeiten abzuklappern: das Kodak Theater, das Chinese Theater, der Walk of Fame, Rodeo Drive (für Cartier dort haben wir uns an dem Tag nicht die Zeit genommen, dafür für einen Jumba Juice mit dazugehörigem Gras-Saft, angeblich gesund, schmeckte auch so), dann hoch nach Beverly Hills und Bel Air. Am abend des letzten Tages waren wir bei Judy und John eigeladen. Vorher sollte noch ein Abstecher zum Rodeo Drive anstehen, der Ring war ja noch immer nicht am Finger. Doch, wer hätte es gedacht, Cartier macht um 6 zu. Da standen wir also leicht bedeppert. Mit dem Ring vom Rodeo Drive wurde es also nichts, blieb 5th Avenue.

New York
Letzte Station New York, the city that doesn't sleep. Tut sie auch nicht. Über's Internet ein feines Hotel zu akzeptablen Preisen gefunden. Leider waren wir - wohl durch die permanente Klimaanlagen-Beschallung - beide etwas ausgeknockt. Dennoch: Central Station, Broadway, Flat Iron Building, China Town, Little Italy, Madison Square Garden, Central Park, Wall Street, Ground Zero, Empire State Building, Rockefeller Center, Brooklyn und die Bridge dazu. Letztere auch zu Fuss überquert. Freiheitsstaue nur von weitem gesehen, die Schlange war uns zu lang. Ein brennendes Auto inmitten der 5th Avenue mit dazugehörigem New Yorker Feuerwehr-Einsatz, Hot Dogs auf der Strasse gefuttert und Pastrami Sandwich wo Harry Sally kennenlernte. Und zu guter Letzt: Cartier auf der 5th Avenue. Der Verkäufer machte uns die Rechnung fertig, Jerome stand kurz vor dem Herzinfarkt, wollte das Ding aber dennoch durchziehen. Und ich hab's mir natürlich als Geschenk verpacken lassen. Wenn schon, denn schon. Mit Cartier Siegel und allem drum und dran.

Zuhause angekommen hiess es, sich endlich an die Renovierungsarbeiten zu machen. Tapeten wollten abgekratzt werden, Presspanplatten-Ragle rausgerissen und überhaupt sollte Khalifa ja langsam mal anfangen.

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