Friday, June 12, 2009

Abendbrot in Weiss

Und da haben wir's : manche Dinge klingen dann doch sehr viel eleganter auf Französisch.
Gestern habe ich aus Zufall dem jährlichen "Dîner en Blanc" beigewohnt.
Nach einem langen Arbeitstag radelte ich gerade über die Place de la Madeleine als ich eine erste Gruppe erspähte, komplett in weiss gekleidet und mit Stühlen, Klaptischen und Picknickkörben ausgestattet.
50m weiter eine zweite Gruppe, gleiches Outfit, ähnliche Ausrüstung. Beim fotografieren bekam ich ein paar Informationen :
das Dîner en Blanc findet seit 22 Jahren jährlich an einem Donnerstag Abend Anfang Juni statt, ob es regnet oder nicht. Gestern abend hatten sie Glück. Die Grundidee ist, ein bisschen "Art de Vivre à la Française" zu beweisen, wohl auch ein bisschen um sich die Stadt zeitweise zurückzuerobern. Geboren auf einem Bridgetisch (was einiges über die Zielgruppe aussagt, ich schätze 80% wohnen im schicken westlichen Teil von Paris) zu zweit haben sich im letzten Jahr an die 9.000 Personen an den Champs Elysées getroffen, im Jahr zuvor war es Place de l'Etoile, um den Triumphbogen herum. Dieses Jahr wurden 10.000 Personen erwartet.

Das Prinzip ist strikt pyramidal: es gibt wohl um die 10 "Organisateurs", die natürlich geheim bleiben müssen da sie sonst Unannehmlichkeiten mit der Polizei riskieren, dann"Maîtres Rallieurs", die wiederum jeder um die 150 "Rallieurs" informieren, die ihrerseits die "Invités" informieren. Alle Beteiligten wissen im Vorraus, an welchem Tag der Event steigt, nur der Ort bleibt bis zum letzten Moment geheim.
15 Minuten nach meiner Ankunft war es soweit: der Tross setzte sich in Bewegung Richtung Place de la Concorde. Innerhalb einer Viertel Stunde war der Platz komplett mit Tischen vollgestellt an denen Chapagnerkorken zum Dîner knallten. Selbige Tische, bzw der Abstand zwischen ihnen und welcher wo steht ist im Übrigen minutiös geregelt. Anarchie à la française ist hier nicht zu finden, eher sehr preussische Disziplin.

Die Anweisungen sind strikt: keine Plastikbecher, es müssen Wein-/Sektgläser mit Sti(e)l sein. Keine roten Gauloises oder ähnliches, an dem Abend werden zwecks Farbcode Marlboro Lights geraucht und selbige müssen sogar mit einem weissen Feuerzeug angezündet werden. Papiertischdecken und Ikea-Papierservietten sind tabu um nur einige zu nennen.
Im Gegenzug gibt es kleine 3-Mann-Orchester, die Jazz spielen (of course!), eine Luftbildkamera die das ganze von oben festhält und jede Menge Journalisten, die natürlich auch informiert werden.
Fährt die Polizei vorbei, gibt es von Seiten der Ordnungswächter ein kurzes Tatü (ohnen TaTa), das von den Gästen mit Johlen und Serviettenschwenken erwiedert wird. Sind nämlich alle einmal installiert kann die Polizei nicht mehr viel tun.

Wie bei Aschenputtel ist der Spuk um Schlag Mitternacht vorbei. Alle holen ihre Mülltüten und räumen den Platz leer. Kurz nach Mitternacht scheint es, als sei nichts passiert...bis zum nächsten Jahr.

1 comment:

  1. das ist ja geil!
    naja, manchmal wünschte ich mir schon mal wieder in einer großstadt zu wohnen...
    grüßlies,
    Eide

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