Wednesday, December 31, 2008

Juli - Nationalfeiertag, Hochzeit, Freimaurer und wohlverdienter Urlaub

Die Nacht zum 14. Juli haben wir auf der Terrase bei Wein verbracht. Das ist deshalb erwähnenswert, weil das eine der ganz seltenen Nächte war, in der das überhaupt möglich war. Der Rest-Sommer war ein einziger Albtraum aber das scheint irgendwie die genrelle Tendenz in Paris zu sein.

Und auch der Süden, wo es ja immer warm ist und wo sich Autokolonnen schwitzender Franzosen stundenlang ab Ende Juni hinquälen wie Deutsche damals im Käfer über den Brenner nach Italien, war dieses Jahr recht launisch. Das mussten unsere Freunde Constance und MarcO leider gerade an ihrem Hochzeitstag erfahren. Wie natürlich nicht anders zu erwarten wurde im Süden geheiratet.
Nicht, dass sie wirklich aus der Gegend käme (sie ist geborene Pariserin) aber ihre Eltern haben ein Haus dort und so wird auch eine Hochzeit dort möglich. Also fuhren wir mit dem uns schon langsam bekannten TGV über das Wochenende in den Süden. Wo wir schon dabei sind hatten wir uns den Freitag frei genommen, um ein bisschen in Nimes am Pool zu liegen. Nebenbei auch bei der Promi-Frisörin der Schwiegermutter gewesen. Samstag dann in den Ort, wo die Hochzeit stattfinden sollte. Die Eheleute hatten ihrer Einladung eine Liste mit Hotels und Gaststätten beigelegt. Unsere lag mitten im Dorf auf der Hauptstrasse. Die Gastgeber hatten ganz offensichtlich ein altes Haus geerbt oder gekauft und brachten da eben Gäste unter. Uns empfingen sie mit offenem Hemd, zumindest der Hausherr, und einem schielenden Auge mit einer fiesen Narbe verziert. Ein bisschen eigenartig sah er schon aus aber beide sehr nett.
Im Hotel dann noch ein Fettnäppchen gefunden und voll rein: wir kannten abgesehen von den Brautleuten auf der Hochzeit niemanden, dachten aber, dass ein gemeinsamer Freund von uns sicherlich auch von der Partie wäre. Angerufen, ob wir uns denn nicht vorher auf einen Drink treffen wollen. Es stellte sich heraus, dass er gar nicht eingeladen worden war.
So also alleine einen trinken gegangen, danach Vorbereitungen zum grossen Event. Die Eltern der Braut waren nämlich mitnichten irgendwelche Leute: die Grossmutter der Braut war eine Adelige, eine Comptesse von was weiss ich noch. Der Vater der Braut war Konsul in New York. Ganz feine Familie. Das erklärte auch die Adressen auf der Einladung: 7., 16. und 17. arrondissement, nur das Feinste. Wir standen auf der Liste des Bräutigams, ein Schulfreund aus Nimes. Seine Mutter ist Hamburgerin aber schon seit Jahren nicht mehr dort gewesen. Die Kirche lag mitten im Dorf, war gut gefüllt, der Bräutigam stand am Altar und wartete, als es anfing zu nieseln. Aus Nieselregen wurde im Laufe der Zeremonie richtiger Regen, dann peitschender Regen und pünktlich zum Jawort ertönte der erste Donnerschlag.
Der Auszug aus der Kirche fand dann unter wenig fotogenen Regenschirmen in allen möglichen Farben statt. Immerhin, der Empfang konnte von der Terrasse nach innen verlegt werden, was die Veranstaltung rettete. Die Tischordnung sorgte für Überraschungen: Jerome trafe einen Freund aus Kindheitstagen wieder, mit dem der Kontakt seit etwa 15 Jahren abgebrochen war. Selbiger fand sich gegen 3 Uhr nachts im Kofferraum eines Autos wieder. Und zwar kam das so: Ein Bekannter der Braut wird unter Ankoholeinfluss recht angriffslustig. Auf dem Weg zu unserem Auto sahen wir die Braut in hitziger Diskussion mit eben diesem Bekannten. Da sie offensichtlich Erfahrung mit dergleichem Verhalten seinerseits hatte, dachten wir uns nichts weiter, verabschiedeten uns und traten den Heimweg an. Keine 10 Minuten später wurde der angetrunkene Bekannte handgreiflich, man bat den erstbesten halbwegs soliden Herren zur Hilfe, in dem Falle Benoit, der wiedergefundene Kindheitsfreund, der die Lage schlichten sollte. Stattdessen wähnte sich der angetrunkene Bekannte in Supermann-Laune und verpasste Benoit mit der gesamten Kraft seiner 60Kilo einen auf die Nase. Selbiger fackelte nicht lange und schlug zurück - was wohl nur als ein leichter Schlag gedacht war, der den jungen Mann eher zur Besinnung als ausknocken sollte, kostete dem Supermann dank der 120 Kilo von Benoit 2 Zähne. Da der Skandal jetzt gerade erst seine Apotheose erreichte, wollte der Bruder des angetrunkenen Zahnlosen nun die Polizei verständigen und Anzeige gegen Benoit erstatten. Nun muss man zwei Aspekte in Betracht nehmen: beide Eheleute arbeiten in angesehenen Anwaltskanzleien, unter diesen Umständen - also umzingelt von Anwälten, die bezeugen können, dass Benoit nur reagiert hat - Anzeige erstatten zu wollen ist ohnehin nicht sonderlich clever. Zum zweiten fand die Hochzeit ja im Süden statt. Um da Nachts um 4 einen Polizisten rauszuklingeln, sollte schon eine Massenschlägerei im Gange sein. Nichtsdestotrotz: der Wachmann kam, recht verschlafen und sichtlich genervt, Benoit war unterdessen im Kofferraum verschwunden, für alle Fälle. Wer also wen angegriffen hätte - "Ja man wisse nicht so recht, er hiesse wohl Benoit" - "Soso, und wie hiess er denn weiter, dieser Benoit?" - "Ganz sicher sei man sich jetzt nicht, etwas wie Oignon (Zwiebel)" - (leicht schnaubend) "Ach, und hätte dieser Benoit Zwiebel denn auch einen Wohnsitz?" - "Ja, er wohnt irgendwo bei Paris". Ungenauer konnte man einen Wohnsitz in Frankreich tatsächlich nicht mehr angeben und die Sache war für den Wachmann damit beendet.Das alles erfuhren wir erst am darauf folgenden Tag, als wir uns zum traditionellen Brunch der engsten Freunde und Familie wiedersahen (wobei uns nicht ganz klar war, warum man uns diese Ehre erwies). Vorher hatten wir allerdings ein Erlebnis der ganz anderen Art. Entgegen aller französischen Gebräuche, war der ältere Herr, in dessen Pension wir untergekommen waren, mehr an Jerome als an seiner (in aller Bescheidenheit) charmanten Begleitung interessiert. Ziemlich schnell kam er auf die Geschichte des Hauses zu sprechen, das wohl ein ehemaliger Gasthof für Tempelritter war. Und viele Tempelritter seien ja Freimaurer gewesen. Französische Freimaurer sind etwas weniger geheimnisvoll als in Deutschland, wobei ich nicht einmal sicher sagen konnte, wo und ob überhaupt noch welche existieren. In Frankreich jedenfalls existieren sie, laden grosse Magazine zu Fotoreportagen ein und geben gerne ihre Meinung zum aktuellen Geschehen ab. Unser Gastwirt beteuerte also, selber der bekanntesten Loge anzugehören. Ausserdem sei er Sammler alter Freimaurer-Indizien. Meine bessere Hälfte fühlte sich wie im Da Vinci Code! Und er könnte uns die gesammelten Insignien zeigen. Nebenan. Da seien sie versteckt. In einem Haus. Ich wollte am liebsten so schnell wie möglich weg von dem Narbengesicht. Seine leicht frenetische Art ging mir langsam wirklich auf den Zeiger. Aber wenn man meinen Göttergatte einmal heiss gemacht hat, geht er schnurstracks seinen Weg. Wir fanden uns also im Nebenhaus wieder. Narbengesicht hatte das Tor mit einem der 15 Riesenschlüssel an seinem separaten Schlüsselbund aufgesperrt, die Tür mit dem zweiten und so fort. Kein Licht, das Haus selber war ganz offensichtlich seit den 50er Jahren nicht mehr bewohnt worden, sämtliche Fenster waren verbarrikadiert. Ich wollte wieder nur weg. Stattdessen stampfte ich hinter Jerome und Narbenfratze die Treppen hoch und gab mir Mühe, seinem offensichtlichem Frauenbild ensprechend diskret zu sein, wo ich die Herren schon nicht alleine liess. Im ersten Stock hatte er tatsächlich eine Art Museum eingerichtet. Dort fanden sich Freimaurer-Ketten, Säbel und diese Art Schürzen, eine davon hatte angeblich Voltaire gehört. Mitterrand sein natürlich auch Freimaurer gewesen und viele aktuelle Politiker und Geschäftsleute aber da könne er voerst keine Namen geben. Das "vorerst" war natürlich bewusst gewählt, der gesamte Rundgang schien langsam zur Rekrutierungstour auszuarten. Narbenfratze wurde mir immer unsympatischer. Jerome war hellauf begeistert. Dass ein Freimaurer ihn für seine Reihen gewinnen wolle, was für eine Ehre!
Zu meinem Glück hielt die Begeisterung nicht lange genug an um tatsächlich eine Bewerbung abzuschicken.
Wieder zurück in Paris ging es daran, den Kleiderschrank aufzustellen. Schwitzend, keuchend, jammernd und fluchend hatte das Ding plus die Küche 1 gute Tonne gewogen (1.000 Kilo !!!), jetzt da es schon 2 Monate in der Wohnung rumstand war der Tag gekommen, oder die Tage, in einem war's nämlich dann doch nicht fertig. Am Abend des 1. Tages machten wir unerfreulicherweise Bekanntschaft mit den Nachbarn unter uns: wir klopften gerade die letzten 3 Nägel um 22h03 in die Rückwand, als es Sturm klingelte. Natürlich wegen der Klopferei. Soviel zu französischem laisser faire: nix da! Um 10 ist gesetzlich Schluss und wir waren 3 Minuten drüber.
Dafür hatten wir inzwischen ein Urlaubsziel gefunden: Marokko, genauer Marrakesch, die Köngiliche. Über's Internet, im Club Med. Das Angebot war günstig, das Budget riskierte qua all inclusive keinen Genickbruch, der Flug ging über Easy Jet.
In Erlangen wartete inzwischen eine Freundin auf ihre Regel - oder vielmehr auf das Unterbleiben selbiger.

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